Diskussion: Schach in Schule und Jugendgruppe
a) Die Jugendarbeit von Professor Ernst Pfannenstiel
Die Jugendarbeit in unserer Organisation ist jahrzehntelang von der Arbeit
von Professor Pfannenstiel, Oldenburg, geprägt worden. Er war ein
engagierter, erfolgreicher Trainer, das zeigen die Erfolge seiner Schüler.
Durch ihn wurde das Schulschach in Oldenburg/Ostfriesland so gefördert,
daß unsere Region darin heute noch in Niedersachsen führend ist.
Lesen Sie dazu einen von ihm verfaßten Artikel aus dem Schach-Echo
vom 23. 12. 1962.
Es war 1951, als ich auf Veranlassung des Verwaltungspräsidenten von
Oldenburg und seiner Regierung zu einem Besuch aufgefordert wurde. Es ging
um das Thema SCHULSCHACH. Ein inzwischen verstorbener Schachfreund hatte
dazu die Anregung gegeben. Mir aber wurden die Fragen vorgelegt:
a) ob ich bereit sei, diese Aufgabe zu übernehmen, und
b) wie ich mir die Durchführung dächte.
Ich schaltete schnell, sagte sofort zu und legte einen Plan vor, der Zustimmung
fand. Ging es doch um eine Frage, die mir bereits oft durch den Kopf gegangen
war:
FÖRDERUNG DES JUGENDSCHACHS.
Meine Beobachtungen waren schon lange darauf gerichtet, daß die Jugend
durch das Schachspiel in besonders hohem Maße geistig und charakterlich
erfaßt und gelenkt werden könne. Ich erinnerte mich der vielen
Fälle, da ich zwei blutjunge Spieler einander gegenüber am Brett
hatte sitzen sehen, vergraben in Gedanken, jeder ganz mit sich selbst
beschäftigt. Das Auffallende - schon bei den Zehnjährigen und noch
Jüngeren - bestand für mich in der Tatsache des Alleinseins jedes
einzelnen. In der Schule oder zuhause kann immer ein Lehrer, ein Vater, eine
Mutter, Bruder oder Schwester nachhelfen, wenn es in Aufsatz, Rechenaufgabe
usw. nicht mehr weitergeht. Hier, am Schachbrett, gibt es keine Hilfe. Der
Spieler ist GANZ AUF SICH GESTELLT. Er kann und darf niemanden befragen,
mit niemandem sich beraten, seine Stellung, seine Möglichkeiten, die
zwingenden Züge von niemandem beurteilen lassen. Er ist einsam. Er hat
vor sich nichts als das Brett und den Partner. Und sich mit diesem zu messen,
ist von vornherein seine Aufgabe und sein fester Wille. Daran schon ist
erkennbar, wie erziehlich das Schachspiel ist, genau so erziehlich wie der
Klassenaufsatz und die Leichtathletik. Aber bei Klassenaufsätzen
läßt sich oft das Thema vorausahnen, in der Leichtathletik die
Anfeuerung durch die Herumstehenden einkalkulieren. Beim Schach ist man
ahnungslos, was der Gegner spielen wird, und die "Kiebitze" (die Zuschauer)
sind genauso zum Schweigen verdammt wie die Spieler. Gewiß wird ein
Schachspieler, je öfter er am Brett sitzt, sich mit den Problemen, die
auftauchen könnten (könnten!), privat oder in Beratung mit anderen
oder auch durch Bücher befassen und daraus seine Lehren ziehen. Aber
im Augenblick, da ein Kampf beginnt, kann alles anders kommen, oder ihn
verläßt die Erinnerung an frühere Erfahrungen - oder gar
erst: er hat plötzliche Einfälle, die alles vorher Durchdachte
über den Haufen werfen. Wie groß ist da oft die Verlegenheit,
und guter Rat ist teuer! Ganz aus dem Augenblick heraus muß man sich
mutterseelenallein zu helfen wissen, aus eigenen Fehlern oder solchen des
Partners etwas zurechtgrübeln - eine oft für ein junges Gehirn
und dessen Vorstellungskraft schwere und mühsame Aufgabe. Und dann,
wie gesagt, dahinter immer der eiserne Wille, der Kampfgeist, sich dem Partner
mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen zu zeigen! Sich gewaltlos,
nur kraft zäher DENKARBEIT durchzusetzen, ist das Wesen der Schachpartie,
ein Erziehungsvorgang von wahrlich hohem Rang! Zugegeben, der NATUR DES JUNGEN
liegt das Schachspiel mehr als der des Mädchens: dieses Sich-Messen,
Auf-der-Lauer-Liegen, das Anschleichen, Überlisten oder Zuschlagen.
Das ist sein Feld. Und welcher Wert besteht darin, mit der Zeit zu erkennen,
daß es noch andere Arten des harten Kämpfens unter Männern
gibt als das Anrempeln, Anpöbeln oder Sich-Prügeln: das
Sich-Durchsetzen, die geistige Arbeit, das Kombinieren, das taktische Vorgehen,
das strategische Planen! Ich habe staunenswerte Erfahrungen gemacht, wie
sich diese echt männlichen Künste und Tugenden bei jungen
Schachspielern im Lauf der Jahre entwickeln. Gewiß, das Schachspiel
ist mehr Männer- als Frauensache. Aber wieviel Hartnäckigkeit im
Denken, wieviel listig-feine Art des Lavierens und Operierens läßt
sich auch bei Mädchen am Schachbrett beobachten! Bei Jungen wie
Mädchen also eine bemerkenswerte SCHULE FÜRS LEBEN, für den
Umgang mit Partnern oder Gegnern. Das darf als Erziehungsmoment nicht
übersehen werden.
Wohl der größte Wert des Schachspiels liegt für die Jugend
darin, wieviel MUT dieses Spiel erfordert. Etwas sich auszuklügeln und
es dann zu verwirklichen suchen, das Risiko, das Wagnis, der Entschluß
zu einer Entscheidung und dann das Durchstehen, das
Sich-nicht-Unterkriegen-lassen-wollen - das ist wirkliche Schulung fürs
Leben. Und da lassen sich von kleinauf Eigenschaften entwickeln, die den
jungen Menschen fürs Leben tauglich zu machen helfen. Dabei ist das
Charakteristische dieses Spiels: Zug um Zug entsteht eine neue Situation;
denn durch jeden Zug verändert sich die Lage. Hat der Partner gezogen,
ist man gezwungen, sich die Sache noch einmal ganz neu anzusehen. Denn es
gibt Züge, die völlig überraschend sind, alles völlig
verändern und alle eigenen Pläne und Vorsätze über den
Haufen werfen. Nach jedem Zug also gilt es, neu zu operieren, neu zu planen,
zu rangieren, zu lavieren, zu sehen, wo und wie man den Gegner zu fassen
kriegt. Ein einziges Beispiel: Partner A zieht etwa im 10. Zug einen Bauern
um ein Feld vor. Nun steht Partner B vor einer ENTSCHEIDUNG. Soll er den
Bauern schlagen oder nicht? Aus dem Schlagen ergeben sich für die gesamte
Stellung, für Aufmarsch, Angriff, Verteidigung völlig andere
Perspektiven, als wenn er nicht geschlagen wird. Es kann ein minimaler Vorteil
oder Nachteil durch das Schlagen oder Nichtschlagen entstehen, aber eben
so gut auch enorme neue Perspektiven und Möglichkeiten. Von Zug zu Zug
müssen also fortgesetzt Entscheidungen getroffen werden. Ständig,
nach jedem eigenen Zug und vor allem nach jedem Zuge des Gegners, hat man
auf der Hut zu sein. Fürwahr: eine echte Lebensschule; denn das Leben
erspart uns ja auch nichts und bewahrt uns auch vor nichts, täglich,
stündlich, von Minute zu Minute, von Zug zu Zug. Und gar erst diese
Erziehung zu GEDULD UND ZÄHIGKEIT! Ein einziger unüberlegter Zug,
und alles ist vertan. Nichts läßt sich rückgängig machen,
ganz wie im Leben. Sollte aber ein Fehler unterlaufen, heißt es: sich
durchbeißen! Eine goldene Regel des Schachspiels lautet: "Berührt,
geführt". Das heißt: wer (am Zuge) eine seiner Figuren berührt
hat, muß mit dieser ziehen. Die Entscheidung fällt also nicht
erst auf dem Brett, sondern vorher: im Kopf. Wieder wie im Leben, in dem
sich nichts zurückdrehen läßt: jedes Wort (beim Schach: jeder
Zug) will sorgfältig bedacht sein.
Nun ließe sich folgern: demnach ist Schach nichts für die Jugend.
Denn es ist deren Art, unbedacht in Wort und Tat zu sein. Und dem ist zu
antworten: nein, eben, weil wir die Jugend ja lebenstüchtig machen und
ihre Waffen schärfen wollen und müssen für den täglichen
kleinen und großen Krieg mit den Partnern, eben deshalb sollen wir
nach derlei Gelegenheiten suchen gehen. Und wir finden sie im Schach. Es
gibt - auch in der Schule - dreierlei Arten, Schach zu spielen:
1. Man ,,holzt". Darunter verstehen die zünftigen Spieler schnell
heruntergespielte sogenannte Freundschaftspartien (auch Blitzpartien
gehören hierzu). Sie sind zugleich ein Sich-Messen wie ein Sich-Üben,
eine Art von Etüden, eine von den hunderterlei Vergnügungen der
Jugend - aber im Schach immer sehr inhaltvolle, exerzitienhafte
Vergnügungen, in denen es a in jedem Spiel um das Gewinnen geht, bei
dem ,,1" eben nicht gerade und darum ,,1" eben gerade ungerade ist. Solche
kleinen philosophischen Dinge merken die Spieler in diesem jungen Alter zwar
nicht sofort, aber mit der Zeit werden sie gewitzigt, weil sie durch das
"Holzen" Erfahrungen sammeln.
2. Das Einzelturnier. Hier kämpft jeder um seinen eigenen Ruhm und Sieg,
lernt es, Niederlagen hinzunehmen, ohne zu verzagen, und hat im umgekehrten
Falle das Recht, stolz zu sein. Das Selbstbewußtsein stärkt sich.
3. Der Mannschaftskampf. Er ist erzieherisch sehr hoch zu bewerten. Jetzt
kämpft der Einzelne nicht für sich, sondern für eine Gemeinschaft.
Es kommt darauf an, daß das Team gewinnt. Seine Partie kann die
Entscheidung bringen. Es macht mich oft fröhlich, und es ist imponierend,
mit anzusehen, wie in solchen Fällen sich der einzelne Jugendliche
zusammenreißt, um seiner Mannschaft den Sieg zu erkämpfen. Keine
Form des Jugend- und Schulschachs ist höher zu bewerten und zu veranschlagen
als diese.
ERZIEHER UND ELTERN muß man auf diese Facta mit großem Nachdruck
hinweisen. In den 10 Jahren, in denen ich jetzt das Schulschach im ganzen
oldenburgischen Land leiten durfte (inzwischen sind wir sogar schon im 11.
Jahr), ist für mich die wertvollste Erfahrung, daß immer mehr
Erzieher und Eltern sich von diesen Werten der Mannschaftskämpfe
überzeugen ließen, sich dafür immer tat kräftiger einsetzen
und zu Förderern dieser Einrichtung unserer Oldenburger Regierung werden.
Auch die Schülermitverwaltungen unterstützen von Jahr zu Jahr das
Unternehmen in wachsendem Maße. Damit verwirklicht sich die
ursprüngliche Idee und wird zu ständig größerem Ansporn.
b) Jugendarbeit heute
Bei aller Würdigung der
Verdienste und des Engagements von Professor Pfannenstiel gibt es heute
viele Anfragen an seine Vorstellungen von Jugendtraining. Aber wenn es
um Finanzierung neuer Ausbildungswege geht, dann sind viele
Schachfreunde noch in seiner Welt zuhause. Darum müssen wir uns der
Auseinandersetzung stellen, wie es mit dem Jugendschach weitergehen
soll.
Ich bin selbst einige Jahre Jugendwart im Schachbezirk gewesen und habe mich
so mit den Fragen der Ausbildung von jungen Schachspielern im Bezirk
auseinandersetzen müssen, außerdem habe ich im Verein lange
Jugendarbeit gemacht und angehende Übungsleiter auf diese Arbeit
vorbereitet.
Wir können nicht mehr zurück in die Welt von Professor Pfannenstiel,
zurück in die Gesellschaft der 50er und 60er Jahre. Der Schachtrainer
heute ist nicht mehr der „Schach- häuptling“, der seinen
Schüler als „geschätzten Winnetou“ grüßt.
Man kann diese Frage vielleicht am besten verdeutlichen, wenn man nach der
Einführung von Meisterschaften in den unteren Altersklassen fragt. Erst
Ende der 70er Jahre gibt es Bezirksmeisterschaften der B- und C-Jugend. Sehr
umstritten war dann die Einführung von Schnellschachmeisterschaften
der U-10-Jugend in den 90er Jahren. Und heute sind bei den Jugendserieturnieren
natürlich Wettkämpfe der U-8.
Bei den anderen Sportarten beginnt das Training oft schon schon vor der
Grundschule, - das weiß ich von meinen Enkelkindern,- so würden
wir die Jugendlichen später oft gar nicht aus ihren Trainingsverpflichtungen
ihrer ersten Sportart lösen können. Aber dieser Druck ist gar nicht
das wichtigste Argument. Wir wissen heute, wie wichtig eine frühzeitige
Schachausbildung ist, einer meiner früheren Schüler beklagte sich,
daß er ja leider erst mit 12 Jahren das Training in unserem Verein
begonnen habe. Der große Erfolg der Jugendarbeit der Wilhelmshavener
Schachfreunde beruhte gewiß auch auf der Arbeit von Karsten Bertram
und der Tatsache, daß dort die Jungen schon sehr früh an das
Schachspiel herangeführt wurden.
Begabte Schüler lernen vieles im Alleingang, aber es geht nicht ohne
gute Trainer, wenn ein Jugendlicher aus unserem Bezirk in der Konkurrenz
der Niedersächsischen Bezirke bestehen soll. Der Begleiter auch unserer
Teilnehmer bei Landesmeisterschaften sollte ein qualifizierter Ausbilder
sein. Ich kann Maximilian Dietrich gut verstehen, daß er sich auch
in diesem Jahre wieder den Hamburger Großmeister Karsten Müller
gewünscht hat. Wir würden ohne qualifizierten Trainer unsere
Jugendlichen um die Chancen bringen, die ihre Konkurrenten aus den anderen
Bezirken ganz selbstverständlich wahrnehmen können.
Ich bin gespannt, wie sich der Kongreß unseres Bezirkes zu den Kosten
für eine Kaderausbildung im Bezirk verhalten wird.
c) Jugendarbeit und Computer/Internet
Bei aller Würdigung moderner Traningsangebote muß bedacht werden,
ob diese unkritisch in der Jugendarbeit eingesetzt werden sollten. Ich habe
in mehreren Gesprächen mit Vlastimil Hort auch bei ihm ein Unbehagen
gespürt, wie sehr es zunehmendes Vertrauen auf elektronische Medien
(z. B. Chessbase und Internetpräsenz) im DSB und seinen Landesverbände
gibt. Wir haben uns gefragt: "Muß das Schachspiel nicht auch bei den
Jugendlichen ihre Lebenswirklichkeit mitgestalten, wie es bei vielen von
uns ein Teil unserer Biographie geworden ist?" Zu diesem Thema folgen hier
verschiedene Assoziationen notiert.
Der Freibauer: Angeregt werde ich durch einen Satz von A. Nimzowitsch:
"Ich versichere Ihnen, meine lieben Leser, der Freibauer hat für mich
eine Seele, genau wie der Mensch, Wünsche, die unerkannt in ihm schlummern,
und Befürchtungen, von deren Existenz er selbst kaum ahnt".
Mir fällt dazu ein: Ein Kind oder ein Jugendlicher kommt in einen
Schachverein: Wieviel Unterstützung braucht er, wie viele Steine
müssen aus dem Weg geräumt werden, bis er sich wie ein Freibauer
durch Umwandlung frei bewegen kann.
Kommunikation im Verein: Im Verein wird oft nur in Gruppen gespielt:
Die 1. Mannschaft bleibt unter sich, der Rest hat guten Kontakt untereinander.
Es ist also ganz anders als in einem Familienbetrieb im Handwerk. Dort fragt
der Lehrling bei einer schwierigen Aufgabe die erfahreneren Gesellen oder
den Meister um Hilfestellung.
Mir fällt dazu ein: Geben wir den schwächeren Jugendlichen schwierige
Motivaufgaben und schicken sie damit zu Spielern der ersten Mannschaft: Helft
uns mal! Ich denke an einen Übungsleiterlehrgang, in dem die Teilnehmer
begeistert zurückkamen: Auch unsere Spitzenspieler haben bei dieser
Aufgabe fast eine Viertelstunde gebraucht!
Erzählmotiv: Viele Berichte zu Schachpartien können mit
bekannten Erfahrungen aus anderen Bereichen geschildert werden, man denke
an das Beispiel von "David und Goliath" oder "Hans im Glück".
Mir fällt dazu eine Geschichte ein, die ein Teilnehmer in einem Seminar
erzählte: Spieler A beobachtet, daß sein Gegner, Spieler B, eine
Falle vorbereitet, aber noch zögert, sie zuschnappen zu lassen. Gleichzeitig
hat A festgestellt, daß die Kombination fehlerhaft ist, er fragt sich,
wie er B. zum Handeln bringen kann. Er entschließt sich, mit trauriger
Stimme seinem Gegner Remis anzubieten. B. nimmt das siegesgewiß nicht
an, schreitet zur Tat - und verliert!
Wachsen wollen: Im Breitensport ist ein wichtiger Satz: "Der Verein
muß wachsen wollen!" Gewiß geht es nicht ohne Förderung
des Spitzensports. Was geschieht aber, wenn die Vereine an der Basis kein
Vereinsleben mehr entwickeln?
Mir fällt dazu mit einer gewissen Übertreibung das Bild eines Vereins
in unserem Bezirk ein: Er hat faktisch nur eine erste Mannschaft, in
die die guten Spieler aus den Nachbarvereinen gelockt wurden. Sie
fehlen ihren Vereinen und leben nur für die Mannschaftskämpfe in der
gewünschten Liga. Ein solcher Verein braucht keinen Vereinsabend und
Jugendarbeit. Aber wer freut sich mit den Spielern über die Erfolge,
welche Jugendlichen dieses Ortes können und möchten solchen Vorbildern
nacheifern?
Fingerfertigkeit: Mit dem Laptop können wir heute große
Blitzturniere im Schweizer System durchführen. Ich rutsche nicht mehr
für längere Zeit in festen Gruppen mit den gleichen Nachbarn rechts
und links um den langen Tisch herum. Ich bekomme jede Runde einen neuen Gegner
und behalte am Ende überhaupt nicht mehr, gegen wen ich gespielt habe.
Ich bekomme im Turnier zufällig einen Gegner, der unwahrscheinlich schnell
mit der Uhr umgeht.
Mir fällt dazu der Vorschlag von Vlastimil Hort ein: "Laßt doch
einfach die Figuren weg, und bedient nur die Uhr. Das Fallblättchen
reicht doch für die Feststellung des Siegers".
Unerwartet: In einem großen Blitzturnier im Schweizer System
sitzt ein Spieler in der letzten Runde an Tisch 6 und gewinnt die Partie.
Erst später realisiert er, daß er dadurch noch den dritten Platz
belegt hat und einen Preis erhält.
Mir fällt dazu die folgende Geschichte ein, die mich sehr beeindruckt
hat: Ein Indianer kommt erstmals in eine große Stadt. Dort sieht er
die technischen Wunder unserer Zeit. Er bestaunt auf einem Gelände die
dort ausgestellten Neuwagen. Ein beflissener Autoverkäufer beginnt ohne
Punkt und Komma auf ihn einzureden, preist die Vorzüge des schnellen
Sportwagens, die Leistungsstärke. Der Indianer sieht ungläubig
drein. Darum lädt ihn der Verkäufer zu einer Probefahrt ein. Im
Nu ist der schnelle Wagen über die Ausfallstraße auf dem Highway.
Dort gibt der Fahrer ordentlich Gas, um zu zeigen, was in dem Wagen alles
drinsteckt. Er will alle Vorzüge des Wagens anpreisen, dem Indianer
zeigen, was der Wagen für einen technischen Schnickschnack aufweist.
Aber den Indianer scheint die ganze Aktion nicht so recht zu interessieren.
Die Worte des Autoverkäufers lassen ihn kalt. Während der
Autoverkäufer auf ihn einredet, sagt er nichts. Nach wenigen Meilen
bricht der Indianer jedoch sein Schweigen und sagt: "Können Sie bitte
sofort anhalten!" "Warum? Ist Ihnen nicht gut?" fragt ihn der Verkäufer
ganz beunruhigt. Er hat schon Sorge um die schönen Polster seines Autos.
Schnell lässt er den Wagen an einem Rastplatz anhalten. Der Indianer
steigt aus. Er geht ein paar Schritte, bleibt stehen und dreht sich mit dem
Gesicht in die Richtung, aus der sie gekommen sind. "Was machen Sie denn
da?" fragt der Autoverkäufer ungeduldig. Sein nächster Kunde wartet
bereits. "Ich warte, dass meine Seele nachkommt." antwortet der Indianer
seelenruhig.
Familienschach: Oft genug ist das Verhältnis zwischen Vater
und Sohn nicht spannungsfrei. Für uns ist es ein wichtiges Ereignis
in unserem Vereinsleben, daß wir die Väter/Mütter der Mitglieder
unserer Jugendabteilung einladen, mit ihrem Sohn/ihrer Tochter ein
2er-Familienschachteam für ein Turnier zu bilden.
Mir fällt dazu ein, was es für ein solches Team bedeutete, als
der Jugendlicher verzweifelt laut zu seinem Vater sagte: "Papa, du mußt
nun endlich auch einmal gewinnen!"