Jubiläum des Schachclubs Varel von 1896
Ein Bericht von 1997: Der Schachklub Varel von 1896 heute
Vor 100 Jahren trafen sich die Mitglieder des Schachklubs Varel jeden Dienstag
im Gasthof Schütting, heute tun sie dies jeden Donnerstag im Haus Barbara
in der Waisenhausstr. in Varel.
Der Verein hat gute und schlechte Zeiten gekannt. Zeiten, während der
sein Spielbetrieb geruht hat, aber auch Zeiten, in denen er wieder zu vollem
Leben erwacht ist. Immer wieder hat es Vareler Bürger gegeben, die das
"Königliche Spiel" (so, weil es im Mittelalter fast ausschließlich
an den Fürstenhöfen gespielt wurde) in der Gemeinschaft des Klubs
gepflegt haben.
Heute hat der Schachklub von 1896 25 Mitglieder, Jugendliche, Erwachsene,
Senioren und auch eine Dame - wir hätten gern mehr. Im Klub wird in
der angenehmen Umgebung im Haus Barbara die Geselligkeit und das Gespräch
gepflegt, vor allem aber der gemeinsamen Leidenschaft, dem Schachspiel
nachgegangen. Schüler und Pensionäre, Angestellte und Studenten,
Ärzte und Ingenieure, Facharbeiter und Beamte sind durch das gemeinsame
Hobby verbunden und tauschen sich aus. Einmal in der Woche vergessen sie
für einige Stunden alle Probleme aus der beruflichen Sphäre und
widmen sich ganz dem Spiel, tauchen ein in die Faszination dieses alten und
immer wieder neuen Brettspiels.
Pokalturnier, Vereinsturnier, Schnellschachturnier - in lockerer Folge
organisiert der Turnierleiter Ingo Decker das schachliche Leben im Verein.
Partien werden analysiert und ältere Vereinsmitglieder erläutern
Eröffnungen. Taktische und strategische Überlegungen bei der
Partieanlage werden diskutiert.
Seit mehr als 500 Jahren werden Partien aufgezeichnet, wird die Zugfolge
notiert und kommentiert. Viele Überlegungen, die von den alten italienischen
und spanischen Meistern angestellt wurden, gelten noch heute.
Der Unterschied gegenüber damals ist jedoch die Schachuhr, die in der
zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erfunden und eingeführt
wurde. Davor dauerten Partien manchmal mehrere Tage und die Spieler schliefen
darüber ein, heute tickt unerbittlich die Uhr und mißt die Zeit
ab, die die beiden Kontrahenten zum Überlegen benötigen. Hat ein
Spieler seine Überlegungen zu seinem nächsten Zug beendet, so
führt er den Zug durch Versetzen der Figur aus und drückt
anschließend auf einen Knopf an seiner Seite der (Doppel-) Uhr. Damit
schaltet er die ihm zugeordnete Uhr ab und die des Gegners ein. So wird genau
die Zeit gemessen, die der Spieler zum Nachdenken über seinen nächsten
Zug gebraucht hat. 2 Stunden Bedenkzeit hat jeder Spieler für 40 Züge
- und das ist manchmal sehr knapp, der Spieler kommt in die sogenannte Zeitnot.
Auch ein Begriff aus der Welt des Schachspiels, den wir oft gebrauchen ohne
das zu bedenken. Schneller geht es bei den Blitzpartien, bei denen jedem
Spieler nur eine begrenzte Zeit, z. B. 5 Minuten, zur Verfügung steht,
um die Partie zu beenden. Der Gewinn wird entweder durch Matt oder den Ablauf
der Zeit herbeigeführt -da flitzt die Hand vom Brett zur Uhr und wieder
zurück und manchmal fliegen auch die Figuren.
In der kalten Jahreszeit werden die Mannschaftskämpfe in den verschiedenen
Klassen im Schachbezirk Oldenburg-Ostfriesland ausgetragen. Da spielt Varel
gegen Papenburg, Wilhelmshaven gegen Vechta, Norden gegen Brake - wie in
anderen Sportarten auch. In den unteren Klassen hat man 4er- und 6er
-Mannschaften, in den höheren Spielklassen wird ein Mannschaftskampf
an 8 Brettern ausgetragen. Jede Mannschaft spielt in ihrer Spielklasse gegen
jede andere Mannschaft, meist 8 bis 10 Spiele in einer Saison. Aufstieg und
Abstieg regelt die Turnierordnung. Der Vareler Schachklub von 1896 hat seine
erste Mannschaft in der Bezirksklasse, die zweite spielt in der Unterbezirksliga
- vergleichbar mit einer Kreisliga. Mannschaftskämpfe sind immer spannend
und jeder fiebert mit dem andern um den Sieg. Abgeschlossene Partien werden
analysiert und nachgespielt.
Was macht das Schachspiel so reizvoll und interessant? Ist es die unendliche
Vielfalt der Züge, die eine Schachpartie immer wieder neu sein
läßt? Ist es die weitgehende Ausschaltung des Spieler-Glücks,
was bei einem Kartenspiel nicht erreicht wird? Ist es die Tatsache, daß
das Schachspiel durch die strengen Regeln (Berührt - geführt!)
zur Disziplin zwingt oder ist es einfach der sportliche Zweikampf, an dessen
Ende ein Sieger steht, der dieses eine Mal eben besser war. Tatsache ist,
daß in Deutschland mehr als 100000 aktive Schachspieler in über
3000 Vereinen regelmäßig Schach spielen, sich dabei in dieses
Spiel versenken und darin versinken. Wie einfach und wie schön. "Der
Mensch ist nur da wirklich Mensch, wo er spielt" hat Schiller gesagt und
hat sicherlich recht damit. Wo wir spielerisch unsere Arbeit tun, macht es
Spaß und bringt den gewünschten Erfolg.
Der Vareler Schachklub von 1896 ist mit Leben erfüllt und auf einer aufsteigenden Linie, auch wenn wir uns manchmal etwas mehr jugendliche Schachspieler von den Vareler Schulen wünschen. Jeder Anhänger des Schachspiels kann im Klub spielen, wir freuen uns über jedes neue Mitglied. Die Spielstärke wächst in dieser Umgebung erfahrungsgemäß überraschend schnell.
zurück zum Inhaltsverzeichnis |